Mein Weg zum Englisch
Ich habe so wie viele andere Deutsche auch Englisch zuallererst in der Schule gelernt. In meinem Fall ab der 5. Klasse. Und die ersten zwei Jahre war ich auch gar nicht so gut.
Schönerweise arbeitete meine Mutter damals beim Goetheinstitut und wir hatten in dem kleinen Institutsgebäude am Chiemsee sogar unsere Wohnung. Was bedeutete, dass ich umgeben war von Sprachschülern aus den unterschiedlichsten Ländern und Kulturkreisen.
Schnell wurde mir klar, dass ich mit Menschen aus der ganzen Welt reden kann, wenn ich Englisch beherrsche.
Als Kind hat man ja zum Glück noch nicht diesen ständigen Kritiker im Kopf, der einen mit demotivierenden Sätzen hemmt und ausbremst. Ihr kennt das sicher:
„Du machst ganz schlimme Fehler“. „Was denken die anderen jetzt von Dir?“ „Du blamierst Dich.“ „Deine Aussprache ist schlecht.“ „Alle anderen können das viel besser.“
Ich konnte zwar noch kein Perfekt und kein Futur und habe radebrechend im Präsens von mir hingeredet.
ABER: ich habe geredet.
UND: ich bin trotz aller Fehler verstanden worden.
Und das ist auch das allerwichtigste beim Sprachenlernen: Reden Reden Reden.
Am besten in einer Konversation.
Nur der Zwang in einem Gespräch unbekannte Sätze zu formulieren fordert einen dazu heraus die erlernten Kenntnisse anzuwenden.
Schon oft bin ich gefragt worden ob es einen „Hack“ gibt eine Sprache schnell und mühelos zu lernen.
Wenn es überhaupt einen Trick gibt, dann ist es der:
Stunden von zum Teil ungeschickter und anstrengender Konversation in der neuen Sprache.
Eine Stunde Konversation (mit Korrekturen und einem Wörterbuch) wiegt gut und gerne 5 Stunden in einem Gruppenunterricht und 10 Stunden mit einem Sprachkurs in Form eines Buchs auf.
Dafür gibt es mehrere Erklärungen:
Die erste ist Motivation. Völlig egal wie cool euer Sprachkurs ist man ist immer viel motivierter mit einem leibhaftigen Gesprächspartner als mit einer App oder einem Audiokurs.
Die zweite ist, dass Sprache verarbeitet und nicht auswendig gelernt werden sollte. Vokabeln, die man in einem Gespräch übt bleiben leichter hängen als beim reinen Auswendiglernen mit Flash Karten oder einem Vokabelbuch.
Ich glaube, dass unser Geist Erinnerungen, die menschlichen Kontakt und soziale Erfahrung beinhalten, stärker bewertet, weil Emotionen damit verknüpft sind. Wenn ich ein neues Wort in einem Gespräch mit einem Freund oder einer Reisebekanntschaft verwende, werde ich dieses Wort vermutlich immer mit dieser Begegnung assoziieren und es bleibt viel mehr im Gedächtnis haften als ein Wort, das ich mit Flashkarten gelernt habe.
Ich hatte also ab ca. 12-13 Jahren die Motivation mein Englisch wirklich zu verbessern. Ab ca. 14 oder 15 habe ich angefangen Englische Literatur in Englischer Sprache zu lesen und mir die Mühe gemacht unbekannte Worte nachzuschlagen und die Vokabeln an den Rand der Bücher zu kritzeln. Die ersten Bücher die ich gelesen habe sind ganz bunt von den vielen Markierungen aber so habe ich meinen Wortschatz vergrößert. Wir sind auch regelmässig nach England und in andere Länder gefahren wo ich Gelegenheit hatte das Erlernte gleich anzuwenden. Ich habe mich dann entschieden Englisch und Französisch als meine Leistungskurse zu wählen und habe auch in Englisch meine Facharbeit geschrieben. Nach meinem Abitur wollte ich unbedingt in London studieren. Und da wurde mir erst klar wie verhältnismässig eingeschränkt mein Englisch noch war.
Ich konnte zwar über alles reden – auch schwierige Themen – und mich sicherlich gut und gewählt ausdrücken aber ich hatte noch keine Möglichkeit mit der Sprache zu spielen. Die feinnervigen und schwarzhumorigen Wortspiele meiner englischen Freunde konnte ich zwar verstehen aber ich fühlte mich in meinem Ausdruck noch begrenzt und dröge.
Nach ein paar Wochen rund um die Uhr Englisch sah die Sache dann aber schon ganz anders aus. Inzwischen habe ich viele Jahre in England gelebt und gearbeitet und dort auch einen Abschluss als CELTA Trainerin gemacht.
Mein Rat an alle, die ihr Englisch verbessern wollen ist also:
Findet euch jemanden, dessen Englisch besser ist als eures (es muss nicht perfekt sein) und sprecht über Dinge, die euch persönlich beschäftigen. Je leidenschaftlicher ihr bei einem Thema seid umso weniger werdet ihr über eure Lücken nachdenken und drauflosreden.
Ihr werdet jede Menge alberner Dinge sagen. Ich habe in Spanien schon etwas Unanständiges statt einer Cola bestellt und in England dank eines „false friends“ jemandem ein Kompliment machen wollen, das total nach hinten losging.
Aber das macht überhaupt nichts. Die meisten englischen Muttersprachler sprechen keine andere Fremdsprache. Ihr seid ihnen also schon voraus. Und wenn ihr mit jemandem wie mir übt, braucht ihr euch sowieso keine Gedanken zu machen. Ich bin denselben Weg gegangen und weiß aller Anfang ist schwer. Aber am Ende wartet eine tolle Belohnung auf euch: Die Welt steht euch offen!